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Jimi Tenor
Out Of Nowhere
Warp/Zomba
Noch vor wenigen Monaten war Finnland
ein relativ weißer Fleck auf der musikalischen
Landkarte. Heute erlebt die deutsche Musiklandschaft
einen kleinen Boom an finnischen Bands, allen voran
die düsteren Rocker von HIM und das Elektro-HipHop
Duo Bomfunk MCs, das mit ihrem Hit "Freestyler"
kürzlich die Charts stürmte.
Letzteres hat der Finne Lassi Lehto
mit seiner Techno-Hymne "Take Me Baby" unter
dem Namen Jimi Tenor auch schon einmal getan. Sechs
Jahre, vier Alben und unzählige Arbeiten als Produzent
und Remixer später legt Jimi Tenor sein neues Album
"Out of Nowhere" vor, das mit dem minimalistischen
Techno seiner einzigen Hit-Single nichts gemein hat
und mit Sicherheit nicht die Charts stürmen wird.
Warum? Weil es keine Zielgruppe hat - weder Love-Parade-Jünger
noch Gothic-Rocker oder Hip-Hopper werden etwas mit
dieser CD anfangen können.
Zugegeben: Bombastisch-orchestrale
Funk- und Soul-Songs mit Jazzeinflüssen, eingespielt
mit einem polnischen Symphonie-Orchester, gewürzt
mit exotischen indischen Instrumenten und gesungen von
Tenor, seiner Ehefrau Nicole Willis und dem apokalyptischen
Pro-Canto-Chor aus Tenors Heimatstadt Lahti mögen
nicht jedermanns Sache sein.
Wer sich aber auf die merkwürdigen
musikalischen Visionen des exzentrischen Finnen mit
der Vorliebe für Moog-Synthesizer, Hammond-Orgeln
und Blasinstrumente einlässt, erlebt einen von
der ersten bis zur letzten Minute fesselnden Soundtrack
zu einem imaginären Film, der Science-Fiction-Streifen,
Liebesschnulze, Road-Movie, Psychothriller und Komödie
zugleich sein müsste. Was die Vorgängeralben
"Organism" und "Intervision" schon
ahnen ließen, wird von diesem überragenden
Album eindrucksvoll untermauert: Jimi Tenor ist ein
Genie. Und wenn nicht, ist er verdammt gut darin, so
zu tun.
Norman Müller
originally published
in Bremervörder Zeitung on Friday, July 14
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